Verdrängungspfähle im Spezialtiefbau
Wirtschaftliche Lösungen für eine Pfahlgründung
Wenn die direkt unterhalb der Fundamente anstehenden Bodenschichten für die Ausführung einer Flachgründung nicht ausreichend tragfähig sind, ist die Abtragung der Bauwerkslasten in tiefer anstehende, tragfähige Schichten erforderlich. Sehr wirtschaftliche Lösungen bieten die unterschiedlichen Pfahlsysteme der DIN EN 12699. Diese schlanken Pfahlsysteme sind in der Lage hohe Bauwerkslasten mit geringem Materialverbrauch abzutragen. Welches der unterschiedlichen Systeme die wirtschaftlichste Lösung ist, muss anhand der Randbedingungen festgelegt werden.
Verdrängungspfähle nach DIN EN 12699
Die Ausführung von Verdrängungspfählen ist in der DIN EN 12699 beschrieben. Grundsätzliches Merkmal der Pfähle dieser Norm ist die volle Bodenverdrängung bei der Herstellung. Die Pfähle dürfen gerammt, gerüttelt, drehend, gedrückt oder in einer Kombination dieser Verfahren eingebracht werden. Es können Fertigpfähle oder auf der Baustelle hergestellte Pfähle eingesetzt werden.
Die unterschiedlichen Systeme in der DIN EN 12699
Die Pfahlsysteme können grundsätzlich in zwei Gruppen eingeteilt werden:
Fertigpfähle
- Fertigbetonrammpfähle
- Duktile Rammpfähle
- Stahlrammpfähle
- Stahlrohrrammpfähle
Ortbetonpfähle
- Ortbetonrammpfähle
- Schraubpfähle
Fertigpfähle
Fertigpfähle können sowohl als Beton- als auch als Stahlpfähle ausgeführt werden. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit die Pfähle einzurammen, zu rütteln oder zu pressen. Im Allgemeinen werden die Pfähle mit modernen Hydraulikhämmer eingerammt. Fertigpfähle haben gegenüber Ortbetonpfählen den Vorteil, dass
- sie auch in breiigen Böden ohne Zusatzmaßnahmen ausgeführt werden können.
- alle Pfähle eines Fundamentes in einem Zuge hergestellt werden können.
- die weiteren Arbeiten unmittelbar nach Fertigstellung der Pfähle beginnen können.
Fertigbetonrammpfähle
Fertigbetonrammpfähle werden im Betonwerk weitestgehend automatisiert in den erforderlichen Längen hergestellt und mit Lkw’s auf die Baustellen transportiert. Dort werden sie eingerammt. Die erzielten Schlagzahlen geben Auskunft über die Qualität des anstehenden Baugrunds. Hiermit können die Erkenntnisse aus der Baugrunderkundung überprüft und die Pfahllängen ggf. angepasst werden. Bei großen Pfahllängen können einzelne Pfahlsegmente mit Kupplungen verbunden werden ohne dass ein größeres Rammgerät erforderlich wird. Für die Kupplungen ist eine Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) erforderlich. Fertigrammpfähle werden für alle Bauwerke des Hochbaus, des Wirtschafts- und Industriebau und des Infrastrukturbaus eingesetzt. Die max. char. Einwirkungen liegen im Allgemeinen bei ca. Nk = 1.600 kN.
Duktile Rammpfähle
Duktile Rammpfähle bestehen aus einzelnen Rohren aus duktilem Gusseisen. Diese werden mit einem Schnellschlaghammer in den Untergrund gerammt. Die Verbindung der einzelnen fünf Meter langen Einzelrohre erfolgt über eine kraftschlüssige Steckmuffenverbindung. Für die Ausführung mit Verpressung ist an der Unterseite des ersten Rohres ein spezieller Pfahlschuh angeordnet, der einen größeren Durchmesser als die Rohre besitzt. Durch die Rohre wird der entstehende Raum oberhalb des Pfahlschuhs parallel zum Einrammvorgang mit Zement verpresst. Dadurch kann die Mantelreibung gegenüber der Ausführung mit glattem Rohr erheblich erhöht werden. Nach Erreichen der erforderlichen Tiefe wird das oberste Rohr abgeschnitten und als Anfängerrohr für den nächsten Pfahl verwendet. Das reduziert den Materialverbrauch auf ein Minimum. Durch die kostengünstige Baustelleneinrichtung eignet sich das Pfahlsystem besonders für kleine bis mittlere Bauvorhaben. Die max. char. Einwirkungen liegen im Allgemeinen bei ca. Nk = 600 kN.
Stahlpfähle
Stahlpfähle werden hauptsächlich im Wasserbau verwendet. Hier werden sie als Schrägpfähle (MV-Pfähle) zur Verankerung von Kaimauern eingerammt. Eine weitere Einsatzmöglichkeit besteht für die Rückverankerung von Unterwasserbetonsohlen bei der Herstellung tiefer Baugruben. Hier erfolgt der Einsatz im Allgemeinen als Rüttelinjektionspfähle (RI-Pfähle). Einzelne Pfahlsegmente werden mit Schweißnähten verbunden, um große Pfahllängen herstellen zu können.
Stahlrohrpfähle
Stahlrohrpfähle werden hauptsächlich für die Gründung von Offshore Windenergieanlagen verwendet. Aufgrund der großen Rohrdurchmesser werden sehr große Rammbäre erforderlich. Um die Umweltbelastung zu minimieren, werden die Rohre zunehmend eingerüttelt.
Ortbetonpfähle
Ortbetonpfähle werden erst auf der Baustelle hergestellt. Die hierfür erforderlichen Baustoffe, Bewehrung und Beton werden getrennt auf die Baustelle transportiert. Für die Pfahlherstellung werden Vortreibrohre in den Boden eingebracht. Die Bewehrung in diese eingestellt und der fließfähige Beton in das Rohr geschüttet. Das Vortreibrohr ist während dieser Arbeitsschritte wasserdicht verschlossen und öffnet sich erst bei Ziehen des Rohres. Abschließend wird das Rohr wieder aus dem Boden gezogen und für die Herstellung der weiteren Pfähle verwendet.
Ortbetonrammpfähle
Bei der Herstellung von Ortbetonrammpfählen wird das Vortreibrohr in den Boden gerammt. Das Einrammen kann mit einer Kopf- oder Innenrohrrammung erfolgen.
Frankipfahl
Beim Frankipfahl wird das Vortreibrohr mit einer Innenrohrrammung in den Boden gerammt. Hierfür wird ein Freifallbär verwendet, der über eine Winde angehoben und dann fallengelassen wird. Er schlägt auf einen Betonpfropfen an der Unterseite des Vortreibrohres, leitet die Energie dort ein und zieht das Rohr dabei in die Tiefe. Hierdurch werden die Lärmimmission als auch die Erschütterungen gegenüber kopfgerammten Systemen reduziert. Die Tragfähigkeit der Frankipfähle werden über die Verwendung der Bemessungskurven der EA-Pfähle gewährleistet. Um die Tragfähigkeit zu erhöhen bzw. anstehende Böden zu verbessern, kann zusätzlich eine Kiesvorverdichtung (KVV) ausgeführt werden. Durch die Herstellung des Pfahlfußes und den Einbau der Bewehrung in dem Fuß ist der Pfahl für die Abtragung sehr hoher Druck- als auch Zuglasten geeignet. Die max. char. Einwirkungen liegen im Allgemeinen bei ca. Nk = 6.000 kN.
Der Frankipfahl kann für alle Bauvorhaben, besonders bei hohen Lasten, eingesetzt werden.
Simplex- oder Vibrexpfahl
Der Simplex- oder Vibrexpfahl ist ein kopfgerammtes Ortbetonpfahlsystem. Hierfür werden schwere hydraulische Hämmer eingesetzt, die ein schnelles Einrammen des Vortreibrohres ermöglichen. Dadurch ergeben sich sehr kurze Rammzeiten, was zur sehr wirtschaftlichen Ausführung führt. Der Nachteil dieser Wirtschaftlichkeit sind die großen Lärmimmissionen und Erschütterungen, die beim Einrammen auftreten. Der Simplex- oder Vibrexpfahl kann für alle Bauvorhaben eingesetzt werden. Die max. char. Einwirkungen liegen im Allgemeinen bei ca. Nk = 2.800 kN.
Schraubpfähle
Bei der Herstellung von Schraubpfählen wird das Vortreibrohr drehend in den Boden gedrückt. Dieses Verfahren ist geräuscharm und erschütterungsfrei. Somit werden sie vielfach auch innerstädtisch eingesetzt, um Pfahlgründungen auch in diesen Gebieten wirtschaftlich herstellen zu können.
Atlaspfahl
Der Atlaspfahl ist durch seine schraubenförmige Ausführung gekennzeichnet. Diese wird dadurch ermöglicht, dass der Schneidkopf am Bohrrohr verbleibt. Beim Herausdrehen formt der Schneidkopf die umlaufenden Wendelgänge in den Baugrund, die unmittelbar mit fließfähigem Beton verfüllt werden. Durch die Verdrängung des Baugrundes und die Wendelgänge werden sehr hohe Mantelreibungswiderstände erzielt. Die max. char. Einwirkungen liegen im Allgemeinen bei ca. Nk = 2.000 kN.
Fundexpfahl
Anders als beim Atlaspfahl verbleibt die Schneidspitze beim Fundexpfahl im Baugrund, sodass ein glatter Schaft entsteht. Die max. char. Einwirkungen liegen im Allgemeinen bei ca. Nk = 1.500 kN.